Samstag, 10. Januar 2015

Silvester, Streik und die ganz ganz große Korruption



Ich melde mich doch noch mal vor meinem Seminar in Tansania, einfach weil ich euch von ein paar Dingen erzählen möchte.

Zu Anfang das sehr wahrscheinlich schönste Thema heute.
Silvester.
Ich hoffe ihr seid alle gut ins neue Jahr gekommen. Mein Silvester war wirklich schön. Wir haben uns mit allen Freiwilligen, die wir kennen (ich glaube insgesamt 17-18 Menschen) auf dem Dach von einem Hostel in Kisumu getroffen, geredet, gelacht und ein kleines Feuerwerk veranstaltet. Es dann doch etwas anderes als die gewohnten Bräuche, aber es hat wirklich Spaß gemacht. Danach sind wir dann noch das neue Jahr feiern gegangen, was wirklich lustig war, aber leider blöd endete, als Andi sein Portemonnaie geklaut wurde. Aber es war nicht wirklich viel drin, die Karte wurde direkt gesperrt und so war das ganze kein Weltuntergang.

So jetzt zu dem Thema was mich wirklich überrascht hat.
Die Gewerkschaft der Lehrer Kenias hat für den Anfang dieses Schuljahres (also seit Montag) einen Generalstreik ausgerufen. Das heißt kein Lehrer arbeitet, keine Schule und kein Kindergarten ist offen und die wenigen Schulen (private) die nicht vom Staat finanziert werden unterrichten nicht aus Angst vor einem wütenden Lehrer-Mob. Die Gefahr ist leider real, Father hat uns gestern erklärt, dass die offenen Schulen Gefahr laufen von streikenden Lehrern in Brand gesteckt zu werden.
Die Gewerkschaft fordert 300% mehr Lohn, gibt sich wohl aber auch mit deutlich weniger zufrieden.
Der Streik ist erst mal auf drei Wochen angesetzt, wenn die Regierung aber nichts tut, kann es auch gerne länger gehen, je nachdem, wer länger durchhalten kann. Für uns bedeutet das erst mal, dass der Einstieg in die Schulen sich noch mehr verzögert und leider der Kindergarten immer noch ruhig und verlassen da liegt. Besonders Anika und ich hatten uns darauf gefreut, endlich wieder mit den Kindern spielen zu können. Aber okay, jetzt sind wir am Montag erst mal weg und wie es aussieht, wenn wir wieder da sind, gucken wir dann.

Zu guter Letzt noch das Thema, über dass ich euch einfach mal ein bisschen erzählen will.
Korruption.
Also erst mal vorne weg: Sie ist nie gut, ich befürworte sie auf keinen Fall und gerade hier merke ich wie viel sie eig. zerstört. Ich glaube erst hier habe ich verstanden, warum Korruption so schlecht für ein Land, eine Regierung oder eine Volksgruppe ist.
Es gibt Formen von Korruption, die ermöglichen sogar einiges. Zum Beispiel fahren viele der Menschen hier größere Strecken in Matatus (Kleinbusse). Matatus sind quasi immer überfüllt, nicht verkehrssicher und zu schnell. Wenn sie sich aber nicht mit 50 Schilling (= 0,50 €) durch jede Polizeikontrolle kaufen könnten, würden sie nicht fahren und noch weniger Menschen könnten es sich leisten zu reisen und mit „reisen“ meine ich eine Strecke von vielleicht 50 Kilometern.
Also Korruption im kleinen Maße kann Menschen Wege öffnen, das Problem dabei ist, dass es zu Lasten der Sicherheit geht und es zu größerer Korruption führt.  Größere Korruption gefährdet nur sehr schnell Menschenleben, Grundrechte und sogar ein ganzes Rechtssystem.
Das fängt an damit, dass man für jeden Besuch bei einer Behörde zu den „normalen“ Bearbeitungsgebühren noch mal das Gleiche an Bestechungsgeldern drauf zahlen muss, damit der Mitarbeiter überhaupt erst anfängt zu arbeiten. Also versperrt Korruption vielen Menschen auch wieder Wege (Auslandreisen/-studien z. B.)
Es geht aber noch viel weiter. 2000 Schilling (=20€) gilt als die Gefängnis-Freikarte. Also egal, was du gemacht hast, du bezahlst und bist wieder frei. Ihr könnt euch vorstellen, wie groß dann das Vertrauen in ein Rechtssystem ist. Leider führt das relativ direkt zu Mob- und Selbstjustiz. Und das bedeutet, dass Diebe die erwischt werde ohne vernünftigen Prozess auf offener Straße verbrannt werden. Das ist die härteste Geschichte, die ich bisher gehört habe, aber um euch ein Bild zu vermitteln, was Korruption macht, ist es vielleicht nicht schlecht. Zum Glück ist die Beamtenbestechung die einzige Form von Korruption, die ich bisher erlebt habe und ehrlich gesagt hab ich auch keine Lust darauf, mehr zu erleben, aber es gibt es und deswegen will ich es euch erzählen. Keine Sorge mir wird hier nichts passieren. Ein Weißer, der direkt für einen Priester und damit für die Kirche arbeitet, ist doch vor Einigem bewahrt.
Es tut mir leid, wenn ich euch damit ein bisschen erschreckt oder geschockt habe, aber vielleicht ist das die Möglichkeit zu verstehen, was Korruption alles bewirken kann.

Aber wehe, ihr macht euch jetzt Sorgen um mich, mir geht es wirklich gut hier und mal so eben ein 14 Wochen altes Baby mit zwei Spritzen zu impfen macht man auch nicht alle Tage.

In diesem Sinne melde ich mich jetzt erst mal ab und kann euch dann hoffentlich nach Tansania endlich mal wieder mit Bilder verwöhnen. :)

Euer Sören

Sonntag, 28. Dezember 2014

Waschen...



… im Regen, ist echt nicht lustig, vor allem wenn man draußen von Hand waschen muss. Aber mit Musik und ein bisschen Schokolade als Nervennahrung geht das voll klar. Das Vergnügen hatte ich gestern, obwohl Father mir eigentlich gesagt hat, dass es über Weihnachten nie regnet. Aber okay, dann ist halt auch das dieses Jahr besonders. Besonders ist wirklich das richtige Wort für dieses Weihnachtsfest. Ohne Familie, ohne Kälte, dass hatte ich auch letztes Jahr so, aber dieses Jahr war irgendwie anders, weil ich zumindest probiert habe in dieser Kultur mit zu leben. Aber von Anfang an…
Am 22. bekamen wir die Nachricht, dass unsere Pässe für die Aufenthaltserlaubnis nach Nairobi müssen, deswegen sind Moritz und Manuel in einer Hauruck-Aktion mit drei weiteren Freiwilligen über Nacht nach Nairobi gefahren. Der Tag war leider einigermaßen unerfolgreich, wir haben nur ein verlängertes Touristen Visum und wurden wegen der wirklichen Erlaubnis wieder vertröstet. Die beiden sind dann am selben Tag auch noch zurück gefahren, in einem gemieteten Taxi, weil es keine andere Möglichkeit mehr gab, und um halb eins Nachts am 24. endlich Zuhause angekommen. Also eine Aktion die extrem anstrengend war und für die ich den Beiden nur DANKE sagen kann, dass sie das für uns gemacht haben. Danke Jungs!
Mein 23. war auch nicht unbedingt entspannt. Ich bin mit Anika nach Kisumu gefahren, für die letzten Weihnachtseinkäufe und es war die Hölle los. Dazu kommt noch, dass man das Prinzip von Angebot und Nachfrage immer wieder am eigenen Leib zu spüren bekommt, weil jeder Fahrer mehr Geld von dir verlangt und wenn du Nein sagst einfach drei weitere Kunden auf den Platz warten. Und es ist schon nervig fast den doppelten Preis zahlen zu müssen, als normal. Zum Glück galt das für alle, also wurden nicht nur wir Weißen abgezogen.
Der Weihnachtstag war dann dank der Aktionen am Vortag eher ruhig und entspannt, heißt, wir haben bis auf die Messe nichts gemacht. Die war allerdings vier Stunden lang und man muss sagen mit einer interessanten Interpretation der Weihnachtsgeschichte als Krippenspiel. Also war das wirklich interessant mit anzusehen, aber in einer großen Gruppe, wie dieser Kirchengemeinde fühle ich mich schon noch sehr fremd, weil man immer angeguckt wird, egal was man macht. Man kennt die Traditionen und Wortlaute nicht und fällt durch seinen Hautfarbe und doch andere Kleidung schon noch sehr auf. Aber ich glaube, dass wird sich in größeren Gruppe nicht ändern, wenn man nicht regelmäßig dabei ist.  





Da fällt mir ein, wir haben doch was anderes gemacht. Wir wurden von Brammuel, dem Doktor von unserem Krankenhaus, eingeladen und durften wieder einmal eine andere Art von Gastfreundschaft erleben. Versteht mich nicht falsch, er war super nett und wird langsam zu einem richtigen Freund. Aber wenn man zu ihm kommt, wird man ins Sofa gesetzt und kriegt ne Cola in die Hand. Brammuel verschwindet wieder und man sitzt da. Man hat ihm vorher gesagt, dass man, wegen der Messe, nur eine Stunde Zeit hat. Dann kommt Brammuel aber 50 Minuten nicht, er hatte noch was im Krankenhaus zu tun. Als er dann doch kommt und wir zehn Minuten geredet haben, wollten wir uns freundlich verabschieden und dann wird er traurig, weil man nicht zum Essen bleibt. Ich glaube, er meint das auch wirklich nicht böse oder ist dann beleidigt, aber so geplante kurze Aktionen gibt es einfach nicht, dazu später noch mehr.

Der 1. Weihnachtstag war dann wirklich schön. Wir haben zusammen gefrühstückt und ich hab mich, mit einer Dose Haribo bewaffnet, ins Krankenhaus auf gemacht. Mit dem neu erstandenen Krankenhaus-Polo sah ich sogar fast so aus, wie die Mitarbeiter, wenn da nicht die Hautfarbe wäre, aber okay. Da es nun mal Weihnachten war, war entsprechend wenig los, aber so war sehr viel Zeit zum Reden, Lachen und Haribo probieren. Die beste Reaktion, fand ich, war von Noel, einer Laboratorin, die sich darüber beschwert hat, dass sie im Mund nicht „fertig“ wird mit dem Haribo. Also ihr seht, immer wieder gab es einen Grund zum Lachen. Es war auch wirklich interessant, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kulturen zu Reden und wenn mir Felix, der „Apotheker“, von „Reinhard Bonnke“ erzählt, einem Deutschen, von dem ich noch nie was gehört habe, muss ich dann doch staunen. Dazu gab es natürlich wieder den obligatorischen halben Liter Cola…
Am 26. Stand dann die Freiwilligen Weihnachtsfeier an. Und jetzt komme ich wieder zu den „kurzen Besuchen“. Emi, eine Freundin von uns, wollt um 11 „kurz“ vorbei kommen. Kam auch pünktlich und wir haben gedacht, wir reden ein bisschen, geben ihr das Weihnachtsgeschenk und dann ist gut. Ab zwölf kamen dann die anderen Freiwilligen und auch noch Andrew, ein Freund von uns hier aus Sega. Eigentlich hatten wir die Idee, unter uns Deutschen zu feiern und ja irgendwann gehen dir dann die Themen auf Englisch aus und selbst nach der fünften Runde Verstecken, um vier Uhr nachmittags wohl gemerkt, hatten wir nicht das Gefühl, dass die beiden dem nächst gehen wollten. Es war wirklich nicht so, dass sie gestört haben, aber wir wollten halt eigentlich ein bisschen deutsche Weihnachten feiern. Also ihr merkt, es gibt wohl anscheinend keine kurzen Besuche und deswegen ist es auch nicht schlimm, dann mal für längere Zeit weg zu bleiben, denn man geht ja davon aus, dass der Besucher länger bleibt. Vielleicht ist es so, vielleicht auch nicht …
So gegen fünf, haben sich die beiden dann auf den Weg gemacht, bevor es dunkel wurde und wir hatten einen wirklich schönen und lustigen Abend zusammen. Auch wenn es nicht das traditionelle Weihnachten war, war dieser Abend einer der wenigen Momente, in denen bei mir so etwas wie Weihnachtsstimmung aufgekommen ist. Ganz genau warum weiß ich auch nicht.


So das war mein Weihnachten 2014, ich hab gehört, Die Weihnachtstage selber sollen extrem regnerisch gewesen sein, ich hoffe tr

otzdem ihr hattet alle ein schönes, entspanntes und vielleicht sogar magisches Weihnachtsfest. Die neuesten Nachrichten sind dann eher immer Schneesturm in NRW, ich hoffe ihr kommt noch alle aus euren Häusern raus, aber das passt bestimm schon irgendwie.

Dieses Mal ist es wirklich lang geworden, aber ich hab auch wirklich lange gebraucht mich mal wieder hin zu setzten, dafür entschuldige ich mich. Es wird auch wieder ein bisschen Zeit brauchen, bis ich mich melde, weil erst Silvester, dann Sansibar und dann das Zwischenseminar anstehen. Aber danach melde ich mich auf jeden Fall wieder mit vielen Bildern.
Eine Überraschung gibt es noch in nächster Zeit und zwar hat die kenianische Lehrer Gewerkschaft für Anfang des Schuljahres, im Januar, einen Generalstreik angekündigt, also werden wir mal sehen, wann wir in den Schulen anfangen können zu helfen.

Bis dahin wünsche ich allen denjenigen, denen ich das nicht persönlich gesagt habe noch mal ein frohes Weihnachtsfest 2014. Und euch allen ein frohes und gesegnetes Jahr 2015 und ein hoffentlich aufregendes aber auch entspanntes Silvester.

Euer Sören

Sonntag, 30. November 2014

Advent, Advent …



ein Lichtlein brennt, diesmal auf kenianisch und ein bisschen kleiner als gewohnt, aber für ein Land in dem der Brauch absolut nicht bekannt ist und in dem man nach Tannenzweigen echt lange und bisher vergeblich sucht, finde ich es erstaunlich gut und weihnachtlich ;-)
Aber was ist passiert, wie geht es mir?
Ich sitze auf meinem frisch bezogenen Bett, draußen regnet es heute zum zweiten Mal, sehr zum Leidwesen meiner Wäsche, die jetzt drinnen trocknen muss und höre meine Musik. Die Woche war wirklich voll und zum Teil auch anstrengend, aber hat wirklich Spaß gemacht. Ich gehe jetzt zweimal die Woche regelmäßig ins Krankenhaus, langsam lerne ich die Menschen besser kennen und die wichtigsten Phrasen probiere ich jetzt auf Kisuaheli zu können und zu sagen.
Am Dienstag waren wir in einem Waisenhaus für 0-4 Jährige, das ganz in der Nähe von Sega liegt und durften dort einen Tag lang helfen. Da bei der „Personalbesprechung“ einfach offen gestellt wurde, wer von uns wo helfen soll, hat sich Mildret, eine Mitarbeiterin, mich einfach geschnappt und ich durfte ihr mit den kleinsten der Kinder helfen. Klein heißt in diesem Fall 1-4 Wochen alt. Also bekam ich das erste schreiende Kind auf meinen Schoß gelegt und muss ehrlich sagen, ich war am Anfang ein bisschen überfordert. Mildret drückt mir ein Fläschchen in die Hand und sagt nur: „Feed her“. Also saß ich da mit einem Baby in der einen Hand, das nicht größer ist als mein Unterarm und vielleicht ein dreißigstel von mir wiegt, ein warmes Fläschchen in der anderen Hand und bin immer noch überfordert. Mildret guckt mich an, lacht und fragt. „ Your first time? “ Ich nicke nur und sie zeigt mir wie es geht. Ich muss sagen, als es dann auch bei mir geklappt, war ich einfach nur glücklich. Die Kleine nuckelt begierig an dem Fläschchen und guckt mich mit ihren großen schwarzen Augen an. Irgendwie hatte ich das Gefühl das Kind in dem Moment glücklich gemacht zu haben und das war einfach wunderbar. Danach habe ich es noch mit Mildret zusammen gewaschen und wieder angezogen. Beim zweiten Kind habe ich es dann schon alleine gut hinbekommen und ab dem dritten gab es keine Probleme mehr. Als dann nach gut anderthalb Stunden alle vier wieder zufrieden in ihren Betten geschlafen haben, war ich glücklich, froh und auch ein kleines bisschen stolz auf mich.
Es tut mir leid, dass ich davon kein Foto gemacht habe, um es euch zu zeigen, aber wie ich oben geschrieben habe, hatte ich immer beide Hände voll.
Der Tag ging dann damit weiter, die Wäsche der Kleinen zu waschen. Als dann alles sauber und auf der Leine war, haben wir uns verabschiedet und auf den Heimweg gemacht.

Am Mittwoch haben wir uns mit Elena und Katharina in Busia zum Schwimmen getroffen. Ich muss sagen der Tag war auf mehrere Arten besonders. Das erste Mal wieder schwimmen gehen seit langer Zeit. Dann Ende November, ich wiederhole Ende November bei 30 Grad in Badehose im Pool zu liegen und sich die Schultern zu verbrennen und als Abschluss ein ziemlich gutes Pfeffersteak in dem Hotel zu genießen. Ich muss sagen der Tag hat sich gelohnt und so ab und zu ist es vielleicht auch ganz gut einen Ausflug in europäische Verhältnisse zu machen. Wobei ich es hier nicht vermisse, der Tag hat einfach Spaß gemacht.
Zum Ende der Woche wurden wir dann von einer Freundin zur „Graduation“ ihrer Schule eingeladen. Das besondere an ihrer Schule ist, dass sie zu einer Reihe von Schulen gehört, die finanziell stark aus Amerika unterstützt werden,  deswegen echt günstig sind, aber ein sehr europäisches Lehrsystem haben. Kleine Klassen, frühes Englischlernen und eine Atmosphäre von Toleranz und Freude (auch am Lernen).
Die Veranstaltung hat dann leider sehr lange gedauert, weil jede Klasse extra geehrt wurde und unzählige Reden gehalten wurden, aber es war ein schöner Tag und es hat mich wirklich gefreut, dass mit so einer Schule auch den Menschen eine Chance gegeben wird, deren Eltern sich keine teuren „Boarding School“ leisten können.

Jetzt sitze ich hier, morgen fängt schon der Dezember an und dann bin ich schon drei Monate hier im Land. Ein Viertel ist rum, aber eine wunderbare Zeit liegt vor mir.
Ich will mich an dieser Stelle entschuldigen, dass ich mich nicht mehr so oft melde, aber ich merke, dass ich eine Art Prozess durchlaufe und immer mehr hier an- und reinkomme. Ich fange zum Beispiel an, Menschen auf der Straße in Kisuaheli zu grüßen. Auch wegen den wenigen Bilder tut es mir leid, aber ich möchte die Situationen hier erleben und als Erinnerung bewahren und nicht durch eine Kamera sehen. Ich werde aber probieren mich in nächster Zeit daran zu erinnern, mal ein Foto für euch zu schießen.
Ich hoffe ihr könnt da ein bisschen nachsichtig mit mir sein, vergessen tue ich euch auf keinen Fall, keinen Einzigen von Euch :)

Damit schicke ich euch ganz liebe, warme und zum Teil sonnenverbrannte Grüße und wünsche euch einen wunderbaren ersten Advent und einen weihnachtlichen Dezember!
Euer Sören

Mittwoch, 5. November 2014

2 Monate Abenteuer



Gestern vor zwei Monaten bin ich gelandet, vom Jahr und vom Abenteuer Kenia sind schon zwei Monate rum. Aber warum eigentlich Abenteuer?
Ein Wochenende ohne Strom oder eine Woche ohne Wasser sind hier in Sega zwar selten, aber man kommt schon ins Nachdenken, wie viel wir eigentlich verbrauchen. Vorallem, wenn die 400 Liter Wasser, die man morgens gepumpt hat, abends schon wieder weg sind. Man bekommt einfach ein anderes Bild, wenn nicht immer alles einfach da ist.
Aber das ist noch kein Abenteuer, jeder Campingtrip war nicht besonders anders :)


Das ich mir die viel zu warmen Haare aus Mangel an Frieseuren einfach auf 12 mm rasiert habe, zählt auch nicht. Ich habs ausprobiert, mir gefällt es nicht wirklich, aber viel Kenianer finden es „smart“. Für hier geht es also voll klar, aber in Deutschland ändere ich das wieder.



Das was das Abenteuer ausmacht sind die Begegnungen mit den Menschen. Wenn Father Dan ohne zu zögern den Fischkopf mit Augen und Gehirn isst, es voll genießt, weil es wohl der beste Part ist und anfängt zu lachen, wenn er sieht, wie wir uns weg drehen.
Wenn der Bischof nach der Konfirmation auf seinem Stuhl einbricht und ihm zwar alle helfen, aber danach lauthals lachen.
 Wenn der Bettler Father auffordert das Geldstück extra in den Dreck zu werfen, weil er sich nicht würdig fühlt das Geld aus der Hand zu nehmen.
Wenn die Kinder auf dem Ausflug nach Kisumu in einer Reihen, Kind an Kind durchs Museum gescheucht werden und das Krokodil hinter einer ein Meter hohen Mauer lebt, wo es ohne Probleme raus kommen könnte. Die Kids dann auf der Mauer spielen und es keinen interessiert.

Wenn die Menschen in der Messe von Seife, über Colakästen bis hin zu Schubkarren alles zum Priester bringen, um noch mal einen extra Segen zubekommen. 


Das macht die neue, die fremde Kultur aus und das ist auch das Abenteuer. Die Menschen und ihre Kultur kennen zu lernen. Immer wieder überrascht zu werden und gefallen zu finden an dem Neuen, dem Unbekannten.
Aber was ist denn nun passiert seit dem letzten Eintrag?

Wir hatten eine Konfirmation hier bei uns in Sega. Dazu kam der Bischof zu uns und für den wurde ein riesen Fest aufgezogen. Wir haben auch unseren Teil dazu beigetragen und alle unseren Mitfreiwilligen eingeladen. Also waren wir zehn das erste Mal wieder auf einem Haufen seit unserem Abflug. Es war ein echt schöner Sonntag,  aber über fünf Stunden Messe sind halt immer anstrengend.

Anika, Moritz und ich waren mit 20 Kindern vom Kindergarten einen Tag lang in Kisumu, der nächstgrößeren Stadt. Da erst fünf Kids jemals in Kisumu waren, war die Fahrt, der Besuch am Flughafen, im Tierpark und im Supermarkt ein einziges großes Highlight. Jede Fahrt war echt unterhaltsam, weil man die Kids so einfach zum Lachen kriegen kann. Auf der Rückfahrt waren dann alle so müde, dass die meiste Zeit geschlafen wurde. Anikas Abschluss-Statement war: „anstrengend aber lustig“ und das trifft es wirklich gut.


Dann habe ich vor einer Woche die Freiwilligen in Uradi auf eigene Faust besucht. Also meinen Rucksack gepackt, Sonnenbrille auf und ab auf die Straße, ein Piki suchen. Den ersten mit Helm angehalten, im Preis runter gehandelt und los geht die Reise. Und Reise ist dieses Mal das richtige Wort. Eine Stunde hinten auf einem Motorrad zu sitzen und über Buckelerd-Pisten zu fahren macht nicht unbedingt Spaß, aber man hat echt viel von der Umgebung gesehen und einen anderen Weg gibt es nicht.
Da angekommen haben ich mit Elena und Katharina geholfen, das Essen für die Krankenhaus Patienten zu kochen und auszuteilen und mit Father Oscar zusammen gegessen. Danach saßen wir drei noch lange zusammen und haben geredet, erzählt und gelacht.
Am nächsten Morgen durften wir dann wieder in der Klinik helfen, das war ungefähr dieselbe Arbeit wie hier in Sega, aber ich durfte den Babys das Vitamin A selber in den Mund träufeln.
Auf dem Weg nach Hause dann eine Nachricht, die doch schockiert hat. Im Nebenraum lag eine 14 Jährige Mutter, die gerade ihr Kind bekam. Wir wurden eingeladen dabei zu sein und haben das erst skeptisch aber doch interessiert angenommen. Und dann eine Geburt …
Die Mutter war wie gesagt 14, ihr Körper war noch lange nicht bereit dafür ein Kind auf die Welt zu bringen und das Kind war mit zwei Kilo so deutlich zu leicht, dass es Lebensgefährlich ist. Aber nach gut einer Stunde drücken, viel Blut und sehr viel gutem Zureden, kam die kleine Chantale ( garantiert anders geschrieben!!) lebend zur Welt und das Wunder eines neuen Lebens war verbracht.
Die Rückfahrt war dank leichtem Nieselregen, dadurch aufgeweichten Straßen und einem Fahrer der nicht älter war als ich, eine Zitterpartie, aber ich bin sicher angekommen und wiede rum eine Erfahrung reicher.

Jetzt stehen die Ferien vor der Tür, die Schüler und Schülerinnen schreiben ihre Abschlussklausuren und sind danach alle weg oder zumindest nicht in der Schule.
Wir nutzen die Zeit, lernen jetzt Kisuaheli und die Zeichensprache, um dann nach den Ferien durchstarten zu können. 
Die ersten Reisepläne werden geschmiedet und der Karnevalsanfang wird hier unten natürlich auf keinen Fall vergessen.

Also ihr seht ich komme immer mehr ein und fühle mich wirklich immer wohler hier unten. Ich hänge euch noch ein paar Bilder von der Taubstummen Klasse dran, weil ich irgendwie das Gefühl habe, dass das mein Projekt werden könnte.
In diesem Sinne einen ganz ganz lieben Gruß aus dem immer wärmer werdenden Kenia!
Euer Sören